Fische lassen sich anders verpacken
, … als in einer Zeitung. Das Buch aber vor allem Papier als Medium verschwindet nicht so einfach wie wir uns manchmal selbst einreden wollen. Eine kurze Überlegung zum Verdrängungswettbewerb zwischen Papier und Online-Medien.
Ich möchte hier eine Überlegung dazulegen, über die ich neulich gestolpert bin. Wir, die vor allem digitale Informationen konsumieren und es z.B. als Blogger oder Journalist gewohnt sind auch digital zu prosumieren, sollten nicht zu überheblich davon sprechen, was ein Individuum heute oder in Zukunft für Medien bevorzugen könnte. Ich bin sicher, das Papier wird seine Funktion noch lange behalten. Die Frage wird sein, ob wir uns das leisten wollen.
Einverstanden. Gerade als Blogger sind wir auf Klicks für unsere Beiträge aus und die lassen sich nunmal durch verlustfreies Teilen im Verhältnis 1:n erreichen. Wer einmal ein vergriffenes Buch in den Händen gehalten hat, weiß wovon ich spreche. Mag es auch durch viele hundert Hände gewandert sein. Es wird an die Multiplikation eines Blogposts nicht heranreichen.
Jetzt das Aber. Ich glaube nicht, dass Papier als Informationsmedium ausstirbt, weil es schlicht nicht mehr gelesen werden will. Es verschwindet, weil es im Verhältnis zu digitalen Medien eines Tages unerschwinglich sein wird. Eigentlich kann ich mir gut vorstellen, dass die Generation Z oder folgende das Papier für sich ganz neu entdecken könnten. Denn Medien werden nicht durch andere Medien deshalb abgelöst, weil diese anders neu sind. Mit dem Papier übertreiben wir es derzeit einfach. Man denke nur an die Anzeigenblätter, die darauf bauen, dass der Mensch liest. Als ich vor fünf Jahren mal auf dem Düsseldorfer Barcamp war, hatte ich Gelegenheit beim Host, der Rheinischen Post in deren Druckerei zu schauen. An einem Samstagabend. Ein Wahnsinn, was da gedruckt wurde. Mit dem Wissen, dass das entweder sofort oder am nächsten Tag in der Tonne landet, graute es mir. Und die Rheinische Post war noch nicht einmal dabei. Die erschien erst am Montag wieder.
Rein ressourcen-orientiert macht es kürzlich keinen Sinn mehr, Informationen, die durch das Lesen zu Wissen heranreifen können, auf Papier zu bannen. Aber Papier verschwindet nicht, weil es Bildschirme gibt. Wegbereiter für den Bildschirm war eigentlich die Fotografie und die lebt bis heute. Das Visuelle rückte in das Zentrum von Weltkonstruktion. Eben auf Papier. Wahrscheinlich entstehen eines Tages Fotobücher so einfach, während sich an die Zeitung niemand mehr erinnern kann.
Ein Verdrängungswettbewerb zwischen Buch und Bildschirm wird uns nur suggeriert, weil so viel Papier in der Gesellschaft steckt, dass es nur ein Korrektiv sein kann, wenn digitale Medien jetzt das Papier zurückgedrängen. Es wird aber nie ganz verschwinden. So meine These. Dabei berufe ich mich auf W. Riepl (1913), der beschrieben hat, dass jedes neu auftauchende Medium lediglich die Komplexität eines Gesamtmediensystems einer Gesellschaft erhöht.
Das so genannte Rieplsche Gesetz der Medien besagt, dass kein gesellschaftlich etabliertes Instrument des Informations- und Gedankenaustauschs von anderen Instrumenten, die im Laufe der Zeit hinzutreten, vollkommen ersetzt oder verdrängt wird.
So wird laut Riepl ein etabliertes Medium wie Papier zur Respezifikation gezwungen. Damit ist sicher nicht das eBook gemeint, das nur eine Elektrifizierung dessen darstellt, was wir als Buch kennen. Vielmehr wird das Buch aus Papier eine andere Bedeutung erhalten, als es als zentrales Wissensmedium für die Gesellschaft zu erhalten.
Vielleicht wird das Buch als Entschleunigungsoase neu erfunden werden. Zeitungen werden sicherlich verschwinden, weil es einfach eines Tages nicht mehr geduldet wird, derlei viel Papier für einen einzelnen Tag zu verschwenden. Außerdem werden Geschäftsmodelle, die auf Aktualität setzen von der Dynamik digitaler Medien in der Diskrepanz zum Papier aufgefressen. Aber das Papier verschwindet nicht. Aber sicher unsere Papiertonnen hinter der Garage. Denn Fische lassen sich anders verpacken.
Papier als Medium wird sich seinen Platz in der Medienkultur neu erobern müssen. Sicher wird es deutlich weniger sein als heute. Aber seine Bedeutung werden wir neu schätzen lernen.