Amazon ist nur das Symptom

Frontal 21 berichtete kürzlich, Amazon vernichte jeden Tag Rücksendungen im Wert von EUR 23.000 — das schätze eine Mitarbeitern. Eine Rechnung dazu stellt Frontal 21 nicht auf. Vor dem Hintergrund des Handelsvolumens von Amazon allein auf Deutschland ist das sogar vorstellbar.

Warum Amazon nicht der Kern des Problems ist

Erreichen Rücksendungen die Amazon Lager, liegt das zunächst am Verhalten derer, die die Waren bestellen. Rücksendungen sind heute nicht anders als zu Zeiten des Otto Katalogs. Lediglich der Warenwert ist oftmals geringer und ein Zurückführen in den Handel teurer als die Entsorgung. Weder den Verbrauchern noch Amazon selbst sind also die Übeltäter. Das Problem ist systemisch.

Ich gehe noch einen Schritt weiter. Das Monster ist der Ästhetische Kapitalismus (Böhme, 2016), der die Verbraucher seit jeher auf dieses Verhalten trainiert. Mit dem allgegenwärtigen Imperativ der Freiheit wird dieses Verhalten gerechtfertigt. Was verfügbar ist, darf konsumiert werden. Daran ist per se nicht falsch. Erst in seinen kausalen Auswirkungen macht das Ganze dann keinen Sinn mehr.

Ich nehme mir die Freiheit, bei Amazon zu bestellen. Auch die Diskussionen um die Arbeitsbedingungen halte ich für lösbar. Dabei allein auf den Willen eines Unternehmens zu hoffen, ehrt die Hoffenden. Und wenn Amazon diesen Wünschen Nährboden gäbe, winken immer noch keine Preise für soziale Verantwortung. Mit dem Willen aller an diesem Geschehen Beteiligten wären Veränderungen denkbar. Solange aber jeder nur mit dem Finger auf den anderen zeigt, wird daraus nichts.

Anmerkung: Falls es stimmt, dass Amazon Waren für 23.000 EUR pro Tag vernichtet, entspricht das für den Fall 0,031% des Handelsvolumens. Wie viel ungenutzte Rohstoffe fallen als Abfall bei der Herstellung von Industrie- und Konsumgüter an?